Einer der bekanntesten Schweizer Brotklassiker ist das St. Galler Brot. Es ist mit seinem Aroma, der «Nase» und eingerissenen Vorderseite weitum beliebt. Einen speziellen Status haben auch die knusprigen St. Galler Bürli, die unwillkürlich mit der Olma-Bratwurst oder dem Olma-Schüblig in Verbindung gebracht werden.

Das St. Galler Brot hat seine Wurzeln in St. Gallen, genauer gesagt im Kloster des Stiftsbezirks St. Gallen. Denn auf dem berühmten Klosterplan, dem ältesten erhaltenen Bauplan Europas, sind neben Kräutergärten und Brauereien auch drei Bäckereien auf Kalbspergament gezeichnet (um das Jahr 820). Mit dem späteren St. Galler Brot dürften die damaligen Backwaren allerdings kaum zu vergleichen sein, denn bis in die Neuzeit wurde das Brot ausschliesslich mit Sauerteig hergestellt.

Das St. Galler Brot ist eines der beliebtesten Brote in der Schweiz. Die St. Galler selber bezeichnen es anders: Sie nennen es «Dunkler, runder Pfünder».

Heiliger Gallus mit Bär

Sagen und Geschichten aus dem Kloster der Stadt ranken sich noch heute um das St. Galler Brot. So soll der heilige Gallus einen Bären mit Brot gefüttert haben, worauf ihm dieser half, eine Hütte zu bauen – exakt am Ort, wo heute das St. Galler Kloster steht. Auf der Schnitzerei aus dem 9. Jahrhundert ist die Brotübergabe dargestellt. Es ist gleichzeitig eine der ältesten erhaltenen Brotdarstellungen in der Schweiz.

Vom Original zum Klassiker

Von der heutigen Teigherstellung bis zum Ausbacken ist das Rundbrot aus den Kantonen Thurgau und Appenzell mit dem St. Galler Brot identisch. Das Original ist jedoch grösser. Zum Backen des Klassikers wird erst ein Vorteig aus Halbweiss- oder Ruchmehl hergestellt, den man über mehrere Stunden ruhen lässt – die ersten Brotaromen entwickeln sich. Dann knetet die Maschine den Vorteig mit Mehl, Wasser, Hefe und Salz zum Hauptteig. Er muss mindestens eine Stunde liegen bleiben. Jede Einwirkung auf den Teig, ob Kneten oder Formen, verlangsamt die Entwicklung der Geschmacksstoffe. Diese Ruhephase – die sogenannte Stockgare – ist sehr wichtig für Geschmack und Aussehen. Optisch fallen beim St. Galler Brot die schön aufgerissene Kruste und die darüberliegende «Nase» ins Auge. Diesen Effekt erzielt der Bäcker mit ein paar Handgriffen, Fassonieren genannt, die sehr viel handwerkliches Geschick und Routine voraussetzen. Wer es noch nie selbst hergestellt hat, findet das Rezept mit Anleitung auf https://schweizerbrot.ch/kochen- und-backen/st-galler-brot.

Das Bürli mit Tradition

Mit seiner wuchtigen runden Form erinnert das St. Galler Brot an die bäuerliche Tradition, als einmal oder höchstens zweimal in der Woche Brot gebacken wurde. Diese Brote sollten möglichst lange frisch bleiben, also aussen knusprig sein und innen nicht austrocknen. Dies war mit stattlichen Volumen eher möglich – und mit einem Fünfpfünder liess sich zudem der Aufwand des Formens reduzieren. Doch auch bei den Kleinbroten mögen es die St. Galler wuchtig. Denn ein gebackenes Bürli bringt es auf gut 130 Gramm Gewicht und übertrifft damit alle anderen Kleinbrote, vom Weggli bis Schlumbi.

Tatsächlich dürfte auch der Ursprung des Bürlis in der Ostschweiz liegen, da es meist St. Galler Bürli genannt wird. «Fast überall werden in den Wirtshäusern Bürli aus bestem Schiltmehl zum Wein gestellt», beschreibt das älteste Zeugnis aus dem Jahr 1723 die Bürli-Tradition und feiert das grossporige Kleingebäck als «Zeichen einer herrlichen Zeit». Dokumentiert ist die Hymne auf das Bürli im Idiotikon, dem Schweizerdeutschen Wörterbuch.

Einfach und doch schwierig: das Bürli

Das Bürli gilt als einfach und schwierig zugleich: Einfach die Zutaten, schwierig die Herstellung. Denn für ein gelungenes Bürli braucht es neben Mehl, Salz, Hefe und Wasser vor allem eines: Erfahrung. Stellvertretend für die vielen Bäckereien in St. Gallen lüftet Wisi Signer von der Bäckerei Gschwend das Geheimnis ums St. Galler Bürli. «Es liegt am Mehl-Wasser-Verhältnis. Wir verwenden nämlich fast so viel Wasser wie Mehl» erklärt er. «So entsteht ein weicher, elastischer Teig, fast flüssig.» Nicht minder entscheidend sei auch die lange Teig­ruhe. «Am besten lässt man den Teig über mehrere Stunden oder eine ganze Nacht lang reifen.» Am nächsten Tag wird der Vorteig mit Wasser, Salz und Malz (für die Farbe) vermischt. Der Teig darf nun nochmals einige Stunden ruhen. Danach wird er vorsichtig von Hand aufgearbeitet, und zwar ohne zu kneten, damit sich die grossen, luftigen Poren bilden können. «Das kann keine Maschine», so Signer. Am Schluss werden jeweils zwei Bürli im heissen Ofen aneinandergelegt. Über tausend Bürli täglich entstehen so alleine bei Gschwend. «Während der Olma, der grossen Bratwurstzeit in St. Gallen, sind es täglich gar mehrere Tausend Bürli», so Signer stolz.

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